Megatrends einer beschleunigten Menschheitsevolution

Entstehung einer westlichen Weltgemeinschaft

Jeder Mensch verfügt über einen gewissen Grad an Autonomie bei gleichzeitiger Eingebundenheit und Ab-hängigkeit in einer Gemeinschaft. In diesem Zusammenhang unterliegt das Individuum sowohl der Selbst- als auch der Fremdbestimmung. Dabei macht es keinen Unterschied, ob er in eine überschaubare Gemeinschaft eingebunden ist oder gar Teil einer weltweiten Gemeinschaft ist. Das Grundprinzip der sozialen Bezogenheit des Menschen bleibt ein wesentlicher Aspekt seines Wesens.

Dem einzelnen Akteur liegen in einer globalisierten Welt unendlich viele Wahl- und Handlungsmöglichkeiten offen. Er ist ein Local Player in einem Global Game. Dabei obliegt sein Handeln vielen systemischen Abhän-gigkeiten mit planetarer Reichweite. In diesem Sinne ist der Einzelne ein machtvoller Akteur in diesem globalen Zusammenspiel.

Die kulturelle Globalisierung erfolgt durch weltweite Interaktions- und Kommunikationsprozesse in expansiven Netzwerken des globalen Austauschs. Die digitale Welt ist flach und die Diversität menschlicher Kultur wird immer kleiner. Die vielen unterschiedlichen Kulturen auf der Welt gleichen unsere Lebensweisen in einem Prozess der globalen Vernetzung und des weltweiten Zusammenwachsen aneinander an.

Entstehung einer Menschheitsfamilie

Wir erleben derzeit einen Evolutionssprung auf eine neue Ebene der Organisation als Spezies Homo. Zum ersten Mal in der Geschichte vernetzen sich Menschen auf dem ganzen Planeten über Milliarden von elektronischen Geräten zu einem großen Ganzen. Das vernetzte Kollektiv der Menschheit verbindet mittels Informationstechnologie den Geist der Menschen zu einer kollektiven Superintelligenz.

Gleichzeitig entsteht ein vernetztes Denken im einzelnen Menschen. Vernetzt zu denken bedeutet darauf zu achten, dass alles was ich tue, vielfältige Auswirkungen und Nebenwirkungen hat, die teils auf mich selbst, teils auf andere Menschen und systemische Abläufe zurückwirken, sich verstärken oder abschwächen, und das manchmal erst nach Jahren, ja Jahrzehnten deutliche sichtbare Wirkungen zeigen. 

Die Menschheit beginnt als Ganzes zu denken und zu handeln, welches in einem zunehmenden größeren Beziehungssystem eingebettet ist. Wir beginnen die Gaia-Hypothese zu verinnerlichen und uns unserer Beziehung zum großen Ganzen bewusst zu werden. Dabei scheint die utilitaristische Natur unserer Spezies erst auf einer höheren Ordnung relevant zu werden.

Entstehung eines Global Brain

Im Zuge einer weltweiten Vernetzung entwickelt die Menschheit im Zeitalter des Homo Dividuum ein globales Nervensystem, ein Global Brain. Dieses besteht aus Milliarden organischer und elektronischer Gehirne, welche sich zu einem global verteilten Datenverarbeitungssystem zusammenfügen. 

Mit diesem Menschheitsgehirn nimmt die Menschheit als Ganzes, über die fünf Sinne der Menschen sowie die digitalen Sensoren von intelligenten Maschinen, die Welt wahr und interagieren mit ihr. Durch diese neuronale Verknüpfung von menschlicher und künstlicher Intelligenz entsteht ein Superorganismus aus Milliarden von Akteuren und Billionen von Verbindungen untereinander, ähnlich den Synapsen unseres eigenen Gehirns.

Ideenwettbewerb der Lebenswirklichkeiten

Die kulturelle Vielfalt des Menschheitskörpers ist vergleichbar mit unserer eigenen genetischen Vielfalt, welche die Grundlage für unsere individuelle und kollektive Ausprägung und Entfaltung bildet. Meme bilden die Grundlage eines jeden Weltbildes. Mittels der Internet-Technologie gehen Milliarden von Werte- und Glaubenssystemen in Echtzeit um die Welt und beeinflussen die Welt der Gedanken.  Hierzu arbeiten alle ans Global Brain angeschlossenen Akteure im Try-and-Error-Modus an einer funktionsfähigen Wirklichkeitskonstruktion sowie an einem vitalen Mempool für eine kohärente Psyche des Global Brain. 


Im Zeitalter der Homo Dividuum entsteht eine Remix-Kultur der Meme, ein memetisches Crossover. Aus dem Wettkampf der Meme wird eine Vielfalt der Meme. Jeder Mensch kann alle Lebenserfahrung als einzelne Meme oder auch als ganze Mem-Sets aus dem Global Brain in sein Brain herunterladen, um sein Leben nach Vorbildern anderer zu gestalten. Dabei kann er sich jederzeit umentscheiden und immer wieder auf andere solcher Blaupausen zugreifen, um sich in verschiedenen Selbstverwirklichungen zu erfahren. So wie jeder Einzelne sein eigenes Leben gestaltet, so beeinflusst er auch die Lebenswirklichkeit der anderen, indem er seine modifizierten Meme ins Global Brain zurückfließen lässt. 

Meme, neuronale Informationsbausteine, bilden die Grundlage der individuellen und kollektiven Wirklichkeitskonstruktion im Global Brain. Indem sie digital um den ganzen Globus zirkulieren, beeinflussen sie in Echtzeit die Lebenswirklichkeiten aller Akteure und ganzer Gesellschaften. Über Meme kann jeder Local Player direkt die kollektive Erzählung (Weltgeschichte) mit beeinflussen. Wir sprechen hier von einer Epidemie der Meme, da sie leicht viral gehen können.

Evolutionsbeschleunigung durch Mem-Viren

So kann jeder Akteur auf direkte Weise die Welt mitgestalten und als Einzelner den Geist der Welt und damit die Gestalt der Wirklichkeit beeinflussen. Doch die Gefahr liegt in der Manipulation der Meme durch Viren des Geistes. Keiner ist davon gefeilt und es gibt hierfür keinen Impfstoff der imun davor macht. 

Für Fake News, Verschwörungstheorien und andere Mem-Viren hat unsere Gesellschaft noch keine mentalen Antikörper entwickelt. Mentale Antikörper der Gesellschaft können Transparenz und Aufdeckung sein, verbunden mit anschließender Kenntlichmachung oder Verbot mit oder ohne Quarantäne oder sogar die Löschung von Memen.

Ein Virus, auch Parasit genannt, ist ein "Erreger". Er bringt das Gleichgewicht oder die Energieverteilung eines Systems zum Fluktuieren. Er regt es an, er reizt es, bis es sich entzündet. Oft hat diese Irritation nur eine lokale Wirkung. Es kann aber auch durch Verkettung oder Reproduktion eine globale Wirkungen für das gesamte System hervorrufen.

Parasitäre Meme stellen aus evolutionärer Sicht Katalysatoren dar und beschleunigen die kulturelle Evolution der Menschheit. Als Parasiten haben sie möglicherweise ähnlich wie in der Biosphäre die Evolution der Intelligenz und der Kultur vorangetrieben oder zumindest vor dem Stillstand bewahrt. 

Meme als kognitive Bausteine der soziokulturellen Welt des Menschen stehen demnach unter evolutionären Druck durch ihre parasitäre Variante. Die parasitären Meme führen zu einem memetischen Wettrüsten mit den God-Mem-Sets. 

Technologisch erweiterte Menschheit

Die Forschungsergebnisse der Kognitionswissenschaft scheinen zu dem Schluss zu kommen, dass Menschen natürlicherweise Technologien nutzen, um sich selbst zu erweitern. Dieses Konzept, neuronaler Opportunismus genannt, bezieht sich auch auf die Ansätze der erweiterten Intelligenz (Extended Intelligence) und der verkörperten Intelligenz (Embodied Intelligence). 

Der Mensch, so hat die Forschung gezeigt, integriert Werkzeuge und Technologien als Teil seiner Erkenntnis. Von Brillen über Fahrräder bis hin zu Kampfjets können sich diese Werkzeuge, wenn wir sie oft genug und auf Expertenniveau benutzen, wie Erweiterungen unseres Körpers und unseres Geistes anfühlen.

Doch Künstliche Intelligenz eröffnet noch einmal eine weitere Dimension in dieser biotechnischen Symbiose. Denn intelligente Maschinen verhalten sich selbst neuronal opportunistisch in Bezug auf ihre eigenen Stärken. Sie sammeln Informationen über ihre Umgebung und integrieren sie in ihre Wahrnehmung. Künstliche Intelligenz, Robotik sowie Nano- und Biotechnologie sind Technologietrends, die sich in vieler Hinsicht gegenseitig begünstigen und die Fähigkeiten der Menschheit auf ein neues Niveau heben.

Entstehung eines Superorganismus Menschheit

Der nächste Schritt in der menschlichen Evolution ist die Entstehung eines planetaren Menschheitskörpers. Im Zuge einer weltweiten Vernetzung entwickelt die Menschheit im Zeitalter des Homo Dividuum ein globales Nervensystem, ein Global Brain. Dieses besteht aus Milliarden organischer und elektronischer Gehirne. Diesen nehmen über die fünf Sinne des Menschen sowie die digitalen Sensoren von intelligenten Maschinen die Welt wahr und interagieren mit ihr. 

Durch diese neuronale Verknüpfung von menschlicher und künstlicher Intelligenz entsteht ein Superorganismus aus Milliarden von Akteuren und Billionen von Verbindungen untereinander, ähnlich den Synapsen unseres eigenen Gehirns. Dieser planetare sozio-technologische Menschheitskörper stellt die Weiterentwicklung des Lebens auf der Erde dar und bildet eine nächste Stufe der Evolution des Menschen.

Der globale Menschheitsorganismus ist ein lebendiger Organismus bestehend aus Mensch und Technik. Die Fortschritte dieses Organismus entziehen sich jedoch unserem unterscheidenden Blick, weil er uns umhüllt. Um ein Phänomen beobachten und erkennen zu können, bedarf es sich außerhalb von diesem zu befinden. Doch wir Menschen sind Teil dieses globalen Menschheitskörpers.